Ich bin verliebt in meine Sekretärin,

Sie ist schlau wie eine Bärin,
Und ich, ich bin eher so wie ich.
Sie ist pünktlich und verschwiegen,
Verläßlich und diskret
Im Sitzen, Stehn und Liegen,
Die einz’ge, die mich wirklich versteht.
So machen wir beide auch gern mal Überstunden.
Ja, da haben sich zwei gesucht und gefunden!

Ich habe was mit meiner Sekretärin
Und meine Sekretärin was mit mir.
Sie macht den Schriftverkehr in
Der Kerndienstzeit von acht bis vier.
Sie schreibt E-Mails, sie kann faxen,
Sie ist allzeit gescheit!
Da muß ja die Leidenschaft wachsen.
Und meine Frau, die weiß längst Bescheid:
Ich komm heut Abend wieder mal später nachhause,
Ich mach mit meiner Sekretärin eine Sause!

Erst machen wir ein bißchen Korrespondenz
Und dann machen wir uns einen schönen Lenz.
Sie kann Steno und die neue Rechtschreibung,
Sie ist vollkommen, ohne Übertreibung!
Beim Büroschlaf erscheint sie mir manchmal im Traum,
Und dann verzaubert sie mich in einen Gummibaum!

Es stimmt, ich liebe meine Sekretärin
Und meine Sekretärin weiß das längst
Und ich, daß ich für sie mehr bin,
Als nur ihr Chef und Bürohengst.
Sie kennt alle meine Akten,
Ich bin für sie ein offnes Buch,
Sie kennt die nackten Fakten
Und entspricht gern meinem Gesuch
Nach harmoniefördernder Arbeitsplatzgestaltung
Zum Behufe dienstlicher Liebesentfaltung.

Ich ruf’ sie zum Diktat und nehm’ sie auf die Knie
Und sage sanft: „Frau Mey, bitte notieren Sie:
Kein Telefon durchstell’n, nicht unterbrechen!
Ich bin im Meeting und für niemanden zu sprechen!
Und flüster’ während ich verzückt nach Atemluft schnapp’:
Sagen Sie für heut all’ meine Termine ab!

Ich habe was mit meiner Sekretärin
Und meine Sekretärin was mit mir.
Sie macht den Schriftverkehr in
Der Kerndienstzeit von acht bis vier.
Ich habe was mit meiner Sekretärin
Und meine Sekretärin was mit mir.

Aus „Bunter Hund“ 2007

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